Vogelhäuschen für Omma

Es war zu Ostern im vergangenen Jahr, die ganze Combo fiel und fand sich bei Omma ein. Oma wohnt im Westfälischen kurz vor dem Niedersächsischen, die Kinder und Kindeskinder sind mittlerweile weiter weg im Norden und Süden der Republik verteilt. Oma ist mittlerweile doch sehr betagt, auch kürzere Reisen fallen ihr zusehends schwer, um ehrlich zu sein: es geht eigentlich gar nicht mehr mit dem reisen. Zumal sie dazu, nachdem sie bereits schon vor Jahren, ihr Auto einen alten, gepflegten Golf III abgegeben hatte, nun stets auf Hilfe von außen angewiesen ist,  sprich: zum Zug und wieder zurück, Zugfahrten ohne Umsteigen, Gepäck musste immer separat versorgt werden. Daher entwickelte sich der Wunsch nochmals ein Osterfest bei Oma wie schon vor Jahren zu feiern, alle sind beisammen ohne dass Omma reisen muss und da die große sonnengefluteten Terasse vor Ihrem Eingang geradezu zu dieser Zeit im Jahr zu gemütlichem Familienfrühstück einlädt.

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An einem jener Tage dieses Wochenendes fiel mein Blick aus ihrem Wohnzimmer über ihren Sessel aus dem großen Fenster, im Blickfeld ein altes Vogelhaus. Irgendwie gemütlich dachte ich mir und musste dabei daran denken, dass es bereits in den vergangenen beiden Jahren zweimal Phasen gab, in denen Oma schwer krank wurde, stationäre Aufenthalte mit eingeschlossen, die Rekonstitution im Anschluss dauerte… Vor meinem Auge sah ich dabei Oma an diesem Fenster sitzen, mit Blick auf das Vogelhäuschen und in mir entstand die Idee, dieses Häuschen durch ein neueres zu ersetzen. Selbst gebaut.

Natürlich mit dem Wunsch, gewisse Anforderungen zu erfüllen:

  • Katzensicher musste es sein,
  • kein geschlossenes Haus sondern Fütterung nach außen, damit kein Vogelkot im Futter liegt,
  • großer Vorratskammer,
  • Vögel sollen gut zu sehen sein bei der Fütterung.

Die Zeichnung dazu war rasch angefertigt, das Material sollte 6mm Sperrholz werden, außen Lackierung. Eine Säule anzufertigen zeichnete sich sich nicht als großes Problem ab, mit Kreissäge und 45 Grad Winkel könnte auf Stoß geleimt werden. Aber das Dach?

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Erinnert sich noch jemand, wie man die Innenwinkel an den Seitenkanten einer gleichseitigen, quadratischen Pyramide bestimmt? Klar, irgendwie mit rechtwinkligen Dreiecken lässt sich das herleiten, oder da gab es noch etwas mit einer Vektorgleichung. Aber wenn Du nicht jeden Tag damit zu tun hast fällt es nach nunmehr 20 Jahren schwer, dieses mathematische Problem zu lösen. Bei Tisch gesessen, mit meinem Vater geknobelt, der Schwager kam zu Hilfe, es gäbe da ein CNC-CAD Programm. Gut, nicht am Sonntag und der Anspruch einer Problemlösung konnte damit ja ich nicht befriedigt werden. Der junge Nachbar, Zimmermann und Architket, der weiß sicher wie sowas geht. Dort nachgefragt; er fing sofort an mit Dreiecken und Gleichungen und Vektoren spielten eine Rolle, bis er fragte: alles verstanden? und ich antwortete: Nö. Seine Antwort darauf war: ich weiß jetzt auch nicht mehr, wie ich darauf gekommen bin. Später stellte sich obendrein noch heraus, dass seine hergeleitete Lösung auch nicht die RIchtige war. Im Büro habe er ein Programm, er könne da mal meine Maße eingeben und die Winkel kalkulieren lassen.

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Fündig wurde ich letztlich in meiner alten Formalsammlung, Winkel berechnet und im nächsten Moment festgestellt: dieser Winkel kann mit der mir zur Verfügung stehenden Säge nicht geschnitten werden. Kontakte wieder in der Nachbarschaft meiner Eltern und beim Schwager gesucht, keine Säge, keine einfache Tischlerkreissäge. Seit dem der alte Nachbar, ein passionierter Schreiner, tot ist und die verruchte Verwandschaft die zurückgelassenen Werkzeuge auseinandernahm und zu viel Geld zu machen versuchte, ist es zu Hause für solche Projekte äußerst schwierig geworden. Aber: Opa Udo, der hat eine gute Tischkreissäge und hilft gerne, er ist heute auch da, nur: wohnt meilenweit entfernt!

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es half alles nichts, um rechtzeitig fertig zu werden musste ich diesen kilometerweiten Ritt auf mich nehmen, zu Opa Udo düsen und die Teile zuschneiden. Mit dem hilfreichen Tipp des Architektennachbarn, zum Leimen der Teile Tesa-Krepp-Streifen zu Hilfe zu nehmen um den erforderlichenPressdruck zu erzielen, nahm das Vogelhäuschen rasch seine endgültige Form an. Opa Udo schneiderte noch die Spitze zurecht, während ich die Führungsfüllung zurecht schnitt. Fertig. Ein Wochenende vor Weihnachten wurde es noch von uns lackiert und somit mit einem roten Dach versehen, die Futtersäule wurde klar lackiert und damit witterungsfest gemacht.

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Fertig, jetzt steht es bei Omma, erfüllt seinen Zweck und sieht verdammt gut aus!

Ein Gedanke zu „Vogelhäuschen für Omma

  1. Sören

    Top! Tolles Ergebnis!
    Mich würde noch interessieren welche Formel aus Deiner Formelsammlung Du herangezogen hast um die Winkel in den Dachkanten zu berechnen?!

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